Nu aber: die Auflösung des letztjährigen Weihnachtsrätsels!
Mit ihren phantasievollen Lösungen gewonnen haben:
Cordula J.:
Lametta Fäden säuberlich hingelegt zum aufbügeln.
Ellen D.:
Alles im Fluss.
Jürgen G.:
Dackel der mit dem Schwanz im Takt im Sturm Kyrill wedelt.
Klaus H.:
Nun aber ohne Verzögerung zur Phantasie und der Rätsel-Lösung:
- Sanriku-Erdbebenaufzeichnungen waren es nicht. Das geht aus nachfolgendem Text eindeutig hervor. (Dritte Zeile bitte besonders beachten.)
- Blindtext des Designers meines Vertrauens scheidet ebenfalls aus. Kein Mensch (außer mir, und zu mir hab ich kein Vertrauen, scribbelt heute noch Blindtext so schlampig ohne Leerzeilenandeutung.
- Wahrscheinlicher sind da schon Riffelungen im Sand in flachem Meerwasser bei einsetzender Nippflut. Die sind ja stets harmonisch und niemals, wie nichts im Weltall, völlig gleich, obwohl der Formenreichtum formal begrenzt erscheint.
(Das ist halt der kleine Unterschied zwischen Sein und Schein.) - Ebenfalls möglich: Herzrhythmus-Aufzeichnungen eines Designers während einer langweiligen Layoutaufgabe. Ausschläge deutlich an der Grenze des Tiefschlafs.
- Vergrößerte Schallplattenrillen einer Tonspur des hochromantischen aber sehr realitätsnahen Liedes von Zarah Leander: „Der Wind hat mir ein Lied erzählt.“ (Naja… das war 1937, noch vor Kriegsausbruch und vor meiner Geburt.)
Textprobe:Allein bin ich in der Nacht,
meine Seele wacht und lauscht.
Oh Herz, hörst du, wie es klingt,
in den Palmen singt
und rauscht?
Der Wind hat mir ein Lied erzählt
von einem Glück, unsagbar schön.
Er weiß, was meinem Herzen fehlt,
für wen es schlägt und glüht. - Niedrigfrequente, entspannte EEG–Delta-Wellen eines vertrauenswürdigen Designers der soeben einen größeren Rechnungseingang verzeichnen konnte.
- Regenaufprall–Rriffelungen auf der Windschutzscheibe eines Mittelklassewagens bei Tempo 70.
- Franz Xaver Babelsberger trainiert für seine Erfindung der Babelsberger-Kurzschrift, auch Steno genannt und von mir abgrundtief in der Schule gehasst. (Leider gabs damals noch keine Hassmails.)
- Tonspur eines Dichters der langweiliges Gedicht verdünstet vorträgt. Die gute Nachricht dabei: Alle Zuhörer im Tiefschlaf. Totale Entschleunigung in unsrer hektischen Zeit.
- Der Faden der besoffenen Ariadne (man sieht es am leichten Schattenwurf, also erhabene Schnur) der im Labyrinth immer im Kreis geht, Drehwurmeffekt, obwohl Ariadne denkt, wie man auch sieht, dass sie immer geradeaus läuft.
- Die Linien sind eine Fälschung, stellen nichts dar und sind eine beschäftigungstherapeutische Maßnahme die Designer-Kunden meschugge machen soll um von deren Honorarforderungen abzulenken.
So, ich hoffe damit der geforderten Rentner-Phantasie genüge getan zu haben und verbleibe mit ratlos verworrenen Grüßen.
In diesem Sinne auf eine gewinnbringende Nachricht hoffend.
Der obig genannte geschädigt und Gezeichnete
Mathias M.:
Es ist der stenografische Mitschrieb eines Reporters während der Pressekonferenz von Angela Merkel zur GroKo, als sich seine Aufmerksamkeit immer mehr in Schläfrigkeit umwandelte und die Hand sich automatisch von links nach rechts bewegt hat.
Monika R.:
…meine Handschrift, die ich wieder mal nicht entziffern kann. Passiert häufiger.
Natalie B.:
Nach unzähligen schlaflosen Nächten und intensivsten Denktagen ist es mir gelungen, das 2017er Weihnachtsrätsel erfolgreich zu enträtseln!
Es handelt sich um den Erstling der tachistischen Reihe von Mattis Leontiev, entstanden an Silvester 2012, mit dem wunderschönen Titel „Phantrigal“.
Der Softwareentwickler und jahrelange Schüler von Serge Poliakoff hatte aus einer Alkohollaune heraus ein kleines Programm geschrieben, das mittlerweile weltweit als „digitales Wachsgießen“ bzw. dessen grafische Variante bekannt ist. Basis seiner tachistischen Reihe ist ein heterotopischer Algorithmus, der nach Zufallsprinzip Linien- und Wellenmuster erzeugt. Manchmal entstehen vor dem geistigen Auge des Betrachters ganz konkrete Dinge, die dieser wahrzunehmen glaubt, manchmal bleibt „nur“ die Schönheit der Lineatur – erinnernd an mit Musterwalzen erzeugte Tapetendrucke. „Phantrigal“ war Leontievs allererster Output mit dieser App und gilt der Kunstwelt als Zwitter: Während Leontiev-Fans schon schreiende Monster, fliegende Engel oder „hinter dem Vorhang den Stuhl eines Kieferorthopäden“ entdeckt zu haben glauben, zählen Leontiev-Sachverständige den Erstling zu seinen Linéature-Belle-Werken.
Bei Sotheby’s wurde „Phantrigal“ sowohl als Datei als auch auf 2×2-Meter-Großleinwand im vergangenen Sommer für 235.000 Euro an die Tretjakow-Nationalgalerie versteigert.
Stefanie T.:
Das ist ein wirklich inspirierendes Rätselbild und ich bin sicher, dass es das Erdbeben bzw. dessen Visualisierung sein muss, auch wenn mir die Idee gefällt, wie Sie added value aus einer Flyerskizze zaubern.
Mir persönlich entlockt es gerade Urlaubsvorfreude, weil es mich an den Strand von Cavallino bei Ebbe erinnert, an dem ich nach Pfingsten endlich einmal wieder die Füße in den Sand stecken kann.
Sue R.:
Es wurde Nacht.
Endlich, dachte sich der alte See. Er begann, sich zu entspannen. Der Nachtwind erzeugte auf seiner Oberfläche leichte Wellen, angenehm. Genug Trubel hatte es heute wieder gegeben: Nicht nur, dass Taucher seine Eingeweide aufgewühlt hatten, zahllose Boote mit Benzinresten seine Haut verspiegelt hatten, jedermann glaubte, er könne seinen Unrat bei ihm entsorgen. Ja, sagte sich der See brummelnd, früher war das anders: Die paar Buben und Mädels, die vom Steg ins Wasser sprangen, ein gepflegtes Picknick, ein paar Muscheln wurden gesammelt, und dann war Ruhe.
Und jetzt? Dort, am Südufer, wo die schicken Villen stehen! Da kotzt wieder einer ins Wasser, oh Mann! Aber das soll jetzt das Schilf managen, keinen Bock mehr, mir reicht‘s für heute.
Was ist jetzt schon wieder los? Ein Liebespärchen. Müssen die jetzt auch noch Sand auf mich schmeißen?? Aber – oh –, das kitzelt! Das tut so gut auf meiner alten Haut!
Ulrike G.:
meine Lösung ist „it’s me“ weil es aussieht wie meine Handschrift – schön krakelig;) also habe ich mich in dem Bild wiedererkannt.
Alles sehr einfallsreiche Vorschläge, die es auf’s Siegertreppchen geschafft haben. Chapeau!
Partitur in Novembergrau
In Natura entstand das Werk an einem regengrauen November-Nachmittag als zufällige Zusammenkunft eines Garagentors, und einer von Regenschlieren überzogenen Autoscheibe. Mal flugs gegen den Uhrzeigersinn gedreht und gespiegelt, da und dort etwas gekappt und fertig war das Weihnachtsrätsel.